Kontrolle gewinnen

  • Eine ganze Reihe von Wissenschaftlern hat gestern dazu aufgerufen, die Zahl der täglich neu Infizierten europaweit zu senken. Ziel müsse sein, diese Zahl auf 10 pro 1 Million Einwohner zu drücken. Die Kollegen halten wie wir für richtig, schnellstmöglich aus der Phase der Dekompensation zurück in die Phase des Kontrollversuchs zu kommen. Zu den Unterzeichnern gehören nicht Herr Prof. Dr. Dr. Gottschalk vom Gesundheitsamt in Frankfurt, Dr. Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, nicht Prof. Dr. Streeck und auch nicht Prof. Dr. Schmidt-Chanasit.
  • Das öffentliche Leben muss zunächst europaweit einige Wochen lang fast zum Stillstand gebracht werden. In dieser Zeit müssen Schulen, Kindertagesstätten und Verkehrsbetriebe technischen Schutz erhalten.
  • Es bedarf einer klaren Strategie und einer transparenten Kommunikation.
  • Kehren wir in Europa nicht oder nicht gemeinsam in die Phase des Kontrollversuchs zurück, werden wir auch mit Schutzimpfungen im Winter 2021/2022 wieder vor den gleichen Problemen stehen.

Kontrollverlust

  • Die Gesundheitsämter Deutschlands haben fast flächendeckend die Kontrolle über den Infektionsverlauf von SARS-CoV-2 verloren. Das war zu erwarten. Die deutsche Methodik der Kontaktverfolgung war von Anfang an untauglich zur Bewältigung einer exponentiellen Virus-Ausbreitung.
  • Wir befinden uns in der Phase der Schadensbegrenzung. Unsere Bundesregierung und die Landesregierungen haben hiergegen keine Strategie. Aus diesem Grund ist zu befürchten, dass wir Anfang Dezember 2020 in die Phase der Dekompensation übergehen.
  • Vier kapitale Fehler wurden gemacht:
  • Anstelle einer biologisch-technischen Strategie setzte die Bundesregierung im Frühjahr auf ein philosophisch-soziologisches Abwehrkonzept ("Hammer and Dance"). Ziellos wurde das öffentliche Leben zum Stillstand gebracht. Grundrechte wurden verletzt, Gesetze gebrochen, die Solidarität der Gesellschaft wurde zerstört.
  • Es wurde mit Lügen und Halbwahrheiten regiert. Nicht der Schutz der Gesundheit, sondern der Schutz der Reputation führender Politiker stand im Mittelpunkt. Statt Schulen und Universitäten so umzugestalten, dass sie Pandemie-tauglich werden, erließ man Pseudo-Hygiene-Verordnungen im Drei-Tages-Takt.
  • Als sich im Volk Widerstand regte, als sich vernünftige Bürger, Querdenker, Esoteriker, Spinner und Radikale organisierten, warf man sie alle in einen Topf. Sinnvolle Kommunikation fand fast gar nicht mehr statt. Wo man Gemeinschaft gebraucht hätte, spaltete man. Verbriefte Grundrechte blieben verweigert, aber ein zusätzliches Pseudo-Grundrecht wurde eingeführt: das vermeintliche Menschenrecht auf Pauschalurlaub im Sommer 2020. Dies war Fehler 3. Er führte zum inneneuropäischen Infektionszahlausgleich.
  • Statt jetzt Schulen zu schließen und den öffentlichen Nahverkehr zu drosseln, pferchte man Lehrer und Schüler ohne jeden technischen Schutz in Massen-Lehranstalten. Nicht einmal den Infektionsverlauf nach den Sommerferien wartete man ab. Das war Fehler 4.
  • Selbstbetrug ersetzte Selbstkritik. Wer sich in einer Kirche oder auf einer Feier infizierte, konnte seine Kontakte benennen. Wer im Schulbus fuhr, konnte das nicht. Also behauptete man beim Robert-Koch-Institut, private Feiern seien das Problem, ungeschützte Schulen wären es nicht. Was ich nicht nachweisen kann, gibt es nicht? Erst Anfang Oktober 2020 machte der Hessische Kultusminister einen Teilrückzug. Ab sofort durften Schüler ab Klasse 8 im Schnitt ein Viertel ihres Unterrichts zu Hause wahrnehmen. Erst Mitte Oktober zogen die Landräte die Notbremse. Jetzt plötzlich mussten Schülergesichter auch im bisher als ungefährlich geltenden Unterricht Maske tragen.
  • Deutschland war mit Glück und trotz schlechter Regierung durch die erste Phase der Pandemie gekommen. Jetzt wird es ernst. Dank des Regierungsversagens während der ersten Welle und dank des Kommunikationsdesasters auch in großen Teile der Medien, glaubt ausgerechnet jetzt, zu Beginn der zweiten Welle, gut die Hälfte der Bevölkerung gar nichts mehr.
  • Achten Sie ab jetzt nicht mehr auf die täglichen Zahlen positiver Corona-Tests. Achten Sie auch nicht auf die Belegung der Intensivbetten. Beides nutzt Ihnen nicht. Benutzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand. Nehmen Sie ein altes Mathebuch, Kapitel Exponentialfunktion.
  • Bleiben Sie, wann immer es möglich ist, in diesem Winter zu Hause. Benutzen Sie nicht den ÖPNV. Fliegen Sie nicht.
  • Weder "Alltags"masken noch Visiere noch OP-Masken schützen vor einer Infektion mit SARS-CoV-2.

Kein Lob der Politik

  • Wir müssen in Deutschland entweder versuchen, aus der aktuellen Phase der Schadensbegrenzung in die Phase der Kontrolle der Epidemie zurückzukehren oder wir müssen vorgehen nach dem Motto "Augen zu und durch". Alle Grundrechte aufzugeben, die Wirtschaft zu ruinieren, jedes normale gesellschaftliche Leben zu opfern und jegliches Handeln in den nächsten Jahren immer nur an der Zahl freier Intensivbetten auszurichten, ist unmenschlich und es ist unsinnig zugleich.
  • Die Pandemie wird erst enden, wenn 60-70% aller Menschen immun sind gegen SARS-CoV-2. Auf "Herdenimmunität" zu setzen und gleichzeitig die Geschwindigkeit der Neuinfektionen zu bremsen, erfordert bestenfalls fünf, vermutlich aber 78 Jahre Zeit! Auf Impfstoffe zu setzen, erfordert bestenfalls zwei, vermutlich aber bis zu fünf Jahre Zeit. Das schaffen wir nicht, wenn wir weitermachen wie in den letzten vier Wochen.
  • Also Augen zu und durch? In etwa acht Monaten wäre die Pandemie zu Ende. Bis zu zwei Millionen Menschen in Deutschland wären tot.
  • Oder zurück zur Phase, in der die Epidemie noch kontrollierbar war? Das geht nur, wenn wir Deutschland ab jetzt für etwa zwei Monate fast total still stehen lassen. In dieser Zeit muss ein echtes Virus-Kontrollsystem aufgebaut werden. Die CovID-2019-Versorgung muss vom übergroßen Rest der Medizin abgetrennt werden. Wir fangen danach einfach nochmal von vorne, sozusagen in einem zweiten Februar 2020 an, jetzt aber cleverer.
  • Keinesfalls dürfen jetzt wieder Schulen für Pseudounterricht geöffnet werden. Keinesfalls stecke man Kinder und Jugendliche jetzt wieder in den öffentlichen Nahverkehr. Das ist auch unnötig. Die Pandemie wird noch Jahre dauern. Man baue das Schulsystem jetzt bitte pandemie-resistent um. Das Schulsystem alter Prägung hat ausgedient.
  • Für die Handlungen und die Planlosigkeit von Bundesregierung und Hessischer Landesregierung gibt es angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse keine Rechtfertigung mehr. Wir können nicht weitermachen wie bisher.

Sinn und Verstand

  • Beschränkungen des öffentlichen Lebens sind sinnvoll, wenn man am Beginn einer Pandemie durch einen völlig unbekannten Krankheitserreger steht. Sie verschaffen Zeit, die man zur Verbesserung der Infrastruktur, zur Beschaffung von Ausrüstung und Verbrauchsmaterial und zur Ausbildung von Teams, Zentren und Spezialisten nutzen kann. Sehr wichtig ist, dass dies alles nicht panisch oder heldenhaft, sondern besonnen und wissenschaftlich geschieht. Auch unser eigener Pandemie-Management-Plan sieht eine auf etwa sechs Wochen begrenzte, erhebliche Beschränkung des öffentlichen Lebens vor.
  • Identifiziert man eine Gruppe von Menschen mit besonders hohem Risiko für einen schweren Verlauf, gebietet die Menschlichkeit deren besonderen Schutz. Da ist es gerechtfertigt, Enkel und Großeltern zu bitten, für eine Weile keinen unmittelbaren Kontakt zu haben. Ihnen den Kontakt zu verbieten, wenn sie ihn einvernehmlich wünschen, ist etwas anderes. Die Großeltern im Pflegeheim einsam sterben zu lassen, will gut begründet sein. Senioren die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu untersagen, erfordert einen starken Grund. Kennen wir ihn?
  • Wir glauben im Moment zu sehen, dass Deutschland deutlich besser in der Durchsetzung von Verboten als in der Erforschung von CoVID-2019 ist.
  • Fast alle relevanten Fragen zu SARS-CoV-2 sind ungeklärt. Die weltweite Verbreitung dieses Virus geht nunmehr in den vierten oder sogar den fünften Monat. Wissenschaftliche Studien gibt es kaum. Fachpublikationen, von uns akribisch verfolgt, liegen zumeist unter Tageszeitungs-Niveau. Wie kann das sein?
  • In Deutschland fehlt nach wie vor jede offizielle Strategie zur Pandemie. Man "fährt auf Sicht" in einer "dynamischen Entwicklung", was als eine elegant wirkende Umschreibung planlosen Taktierens ist.
  • Gleichzeitig werden natürliche Menschenrechte beschnitten. Kaum jemand darf noch arbeiten. Unsere Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Geld wird gedruckt und verteilt. Da niemand sagen kann, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage dies geschieht, kann auch niemand sagen, auf welcher Sachgrundlage das jemals wieder aufhören wird.
  • Wir alle müssen uns immer wieder fragen, auf welcher Basis wir Entscheidungen treffen. Was wissen wir wirklich? Was wissen andere?
  • Wenn wir erkennen, dass unsere Anführer blind sind, warum folgen wir ihnen, statt sie selbst an die Hand zu nehmen?
  • Trennen wir endlich die medizinische Normalversorgung von der Pandemie-Versorgung. Konzentrieren wir die Schutzausrüstung bei den gegen die Pandemie Tätigen!
  • Führen wir Virus-Tests nach den Grundsätzen der Marktforschung durch! Gewinnen wir einen Überblick! Führen wir zu allen Fragen wissenschaftliche Studien durch!
  • Schluss mit Panik! Schluss mit Heldentum!

Deutschland vor Maximalschaden

  • Deutschland wird mit einem Maximalschaden aus der SARS-CoV-2-Pandemie heraustreten, wenn wir weiterhin keine Strategie einsetzen.
  • Gestern lernten wir, dass es bereits Patienten ohne CoVID-2019 gibt, deren notwendige Therapie dem Primat des freien Intensivbetts geopfert wird. Die ARD berichtete darüber in ihrer Sondersendung "Brennpunkt" um 20:15 Uhr.
  • Trennt man die Normalversorgung von Patienten nicht von der Pandemieversorgung von CoVID-2019-Erkrankten, werden immer mehr Patienten unversorgt ihrem Schicksal überlassen.
  • Die vorhersehbar steigende Zahl erkrankter und verstorbener Ärzte wird weitere Lücken reißen. Der Mangel an Übung, beispielsweise in der Tumorchirurgie und in der Angiografie, wird die Qualität der Krankenversorgung nachhaltig senken, wenn sich ab jetzt alles nur noch um CoVID-2019 dreht.
  • Bald wird es kaum noch Krankenhäuser und Arztpraxen geben, in denen Patienten nicht durch SARS-CoV-2 gefährdet sind.
  • Trotzdem wird die Behandlung der schwer an CoVID-2019 Erkrankten in einigen Wochen nicht mehr möglich sein. Unser Gesundheitswesen steht dann vor dem Zusammenbruch.
  • "Wir können uns das leisten", sagt Finanzminister Scholz. Was können wir uns leisten, Herr Scholz?
  • Tatsächlich ist fraglich, wie lange es dauern wird, bis auch nur der wirtschaftliche Schaden des Strategiemangels wettgemacht werden kann. Viele Menschen stehen schon jetzt - nach nur 10 Tagen der Beschränkung ihres Geschäftsbetriebs - am Rande der finanziellen Existenz. Wie lange soll das so gehen? Wozu machen wir das?
  • Ebenfalls gestern wurde im Handelsblatt und auch in der ARD eine Diskussion geführt, die im Ergebnis auf eine Aussetzung von Art. 3 GG hinauslaufen kann. Wollen wir das?
  • Wir brauchen eine Strategie.
  • Im Grunde müssten alle Menschen (ggf. sogar mehrmals) auf SARS-CoV-2 getestet werden, sobald dies möglich ist (Methode Hubei). Zumindest aber müsste man sich der Kenntnis der wirklichen Infektverteilung mit Methoden der Marktforschung nähern (zufällige Auswahl nach statistischen Gesichtspunkten; Dank an A.H.)
  • Spezialteams und Spezialzentren müssen gebildet werden.
  • Schutzausrüstung und andere Ressourcen müssen gezielt eingesetzt werden.
  • Parallel dazu brauchen wir den Medizin-Normalbetrieb. Wären wir konsequent, könnten wir die Pandemie beherrschen. Nur so hätte die Beschränkung des Lebens der Menschen einen Sinn.

Neue Pandemie-Strategie dringend notwendig

  • Derzeit sollen in Deutschland alle Ärzte und alle Krankenhäuser alles machen: Normalbetrieb plus Pandemie.
  • Dafür gibt es zu wenig Personal, zu wenige Schutzvorrichtungen, keine einheitlichen Ablaufpläne und zu wenig Verbrauchsmaterial.
  • Erste Krankenhäuser geben Hygieneprozeduren auf. Erste Notaufnahmen behandeln CoVID-2019-Verdachtsfälle ohne persönlichen Schutz. Handschuhe werden sogar an mancher Universitätsklinik inzwischen schon in der Mikrobiologie rationiert. Dabei haben die eigentlichen Versorgungsprobleme noch gar nicht begonnen.
  • Seit dem letzten Wochenende wenden sich Ärzte und Intensivpflegekräfte aus mehreren Kliniken in Deutschland mit erschütternden Berichten an uns.
  • In wenigen Wochen wird unser Gesundheitswesen am Ende sein, wenn der Kampf gegen SARS-CoV-2 weiterhin ohne Spezialisierung geführt wird.
  • Würde die Bundeswehr am ersten Tag eines Verteidigungsfalls alle Kräfte einsetzen?
  • Würde die Feuerwehr sämtliche Mitarbeiter in einen Brand laufen lassen?
  • Würde die Polizei einem Banküberfall mit jedwedem Uniformierten begegnen?
  • Viele Menschen werden nach unserer Einschätzung sterben, wenn wir nicht besser handeln. Auch viele Ärzte und viele Krankenpfleger werden darunter sein.
  • Das muss nicht sein. Wir unterbreiten den verantwortlichen Politikern heute zeitgleich in mehreren Ländern eine Strategie mit Aussicht auf Erfolg.
  • Die Diskussion ist eröffnet. Helfen Sie mit!