Rechtsprechung in der Pandemie

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Konsequenzen für Eltern infizierter Kinder

Beschluss des VG Neustadt 5/2021

Einer Pressemitteilung des VG Neustadt (Nr. 5/2021 v. 16.03.2021) kann man exemplarisch entnehmen, was Eltern SARS-CoV-2-infizierter Kinder (Schüler) droht.

Selbst bereits zweimal mit dem Impfstoff Comirnaty von BioNTech und Pfizer geimpfte Ärzte haben keinen Anspruch auf Verkürzung der Absonderungszeit. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Weinstraße vom 15. März 2021 hervor.

Die Antragsteller betreiben in der Vorderpfalz eine allgemeinmedizinische Gemeinschaftspraxis. Beide wurden im Januar und Februar 2021 mit dem BioNTech-Impfstoff Comirnaty gegen SARS-CoV-2 geimpft.

Anfang März 2021 wurde ihre Tochter, die zusammen mit den Klägern in einem Haushalt lebt, per PCR-Test positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getestet. Unmittelbar nach Bekanntwerden ihrer Infektion isolierte sie sich im Elternhaus und lebt seither in der oberen Etage allein.

Am 08. März 2021 ordnete der Rhein-Pfalz-Kreis für das Ärzte-Ehepaar eine Absonderungszeit bis zum 18. März 2021 an.

Die Betroffenen wandten sich dagegen mit einem Antrag auf vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz und machten geltend, die Entscheidung, dass sie bis einschließlich 18. März 2021 in häuslicher Quarantäne verbleiben müssten, sei rechtswidrig. Sie hätten am 02. März 2021 das letzte Mal direkten Kontakt zu ihrer Tochter gehabt. Sie hätten sich am 04. März 2021 per PCR-Test auf das Corona-Virus getestet. Der Test sei negativ ausgefallen. Ferner hätten sie am 06. März 2021 und am 08. März 2021 einen Schnelltest vorgenommen, der jeweils auch negativ ausgefallen sei. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Verfügung des Kreises vom 08. März 2021 als rechtswidrig dar und verletze sie in ihren Rechten. Sie könnten nicht als Ansteckungsverdächtigte im Sinne von § 2 Nr. 7 Infektionsschutzgesetz – IfSG –  angesehen werden, denn sie seien gegen das Coronavirus geimpft.

Als geimpfte Personen könnten sie Krankheitserreger nicht mehr aufnehmen und insbesondere nicht mehr übertragen. Insofern sei Bezug zu nehmen auf die Studie vom Institute of Technology in Haifa, mit der festgestellt worden sei, dass eine Impfung mit Comirnaty nicht nur vor der Krankheit CoVID-19 schütze, sondern Geimpfte im Falle einer Infektion auch nicht ansteckend seien.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag der Antragsteller mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Kammer teile nicht ihre Auffassung, sie seien keine Ansteckungsverdächtigten im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG, weil sie bereits gegen das Coronavirus geimpft seien. Die Antragsteller zählten als Personen aus demselben Haushalt zu den Kontaktpersonen der Kategorie 1. Für solche gehe das Robert-Koch-Institut von einem höheren Infektionsrisiko aus. Es sei daher davon auszugehen, dass die Antragsteller Krankheitserreger aufgenommen hätten. Die Absonderungszeit der Antragsteller ende daher gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbsonderungsVO am 18. März 2021.

Die Einordnung der Antragsteller als Ansteckungsverdächtige entfalle nicht dadurch, dass sie im Januar und Februar 2021 mit dem Impfstoff Comirnaty geimpft worden seien. Bisher lägen keine ausreichenden Belege dafür vor, dass Personen mit vollständigem Impfschutz nicht infektiös erkrankten. Deshalb habe der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber in der erst mit Wirkung vom Vortag aktualisierten Absonderungsverordnung davon abgesehen, darin Sonderregelungen für Geimpfte vorzusehen. Kontaktpersonen der Kategorie 1 zählten trotz Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty zumindest vorerst weiter zu den Ansteckungsverdächtigen im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG.

Ein Anordnungsanspruch der Antragsteller ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass sie Anfang März drei negative Tests vorgenommen hätten. Gegen eine abweichende Einzelfallentscheidung zugunsten der Antragsteller spreche, dass das RKI nach seinem gegenwärtigen Erkenntnisstand sich dagegen ausspreche, die empfohlene 14-tägige häusliche Absonderung aufgrund der beobachteten Zunahme der besorgniserregenden SARS-CoV-2-Varianten mangels derzeit fehlender Daten, mindestens so lange bis mehr Erfahrungen vorliegen, durch einen negativen SARS-CoV-2-Test zu verkürzen. Dies gelte unabhängig vom Vorliegen eines Hinweises auf oder dem Nachweis von besorgniserregenden Varianten beim eigentlichen Patienten.

Es dürfte auch nicht zu beanstanden sein, dass der Kreis die beiden Ärzte nicht zu den Personen aus Berufsgruppen zählte, deren Tätigkeit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung zentraler Funktionen des öffentlichen Lebens diene. Die Antragsteller gäben auf Ihrer Internetseite selbst neun Vertretungsärzte für die Zeit der Schließung der Praxis in der näheren Umgebung an, sodass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass die ärztliche Versorgung der Bevölkerung vor Ort nicht sichergestellt sein könnte.

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