Akupunktur

Was ist Akupunktur?

Unter Akupunktur versteht man das Durchstechen der Haut mit Nadeln, deren Spitzen sich nach dem Einstich in der Skelettmuskulatur befinden, während das Ende der Nadel noch aus der Haut des Patienten ragt.

Wie genau gestochen wird, wo genau der Einstich erfolgt, was mit der Nadel nach dem Einstich geschieht und wie lange sie in ihrer Lage verbleibt, das hängt von dem Konzept ab, welches der mit Akupunktur Behandelnde seiner Heilkunst zugrunde legt. Ein allgemeingültiges Konzept oder eine einheitliche Wissenschaft von der Akupunktur gibt es nicht.

Warum und wie Akupunktur wirkt

Nach allem, was wir heute wissen, wirkt Akupunktur durch Druck der Nadelspitze auf bestimmte Punkte der Muskulatur. Vermutlich stellen diese Punkte Ansammlungen von Dehnungsrezeptoren dar. Sie sind nicht zu verwechseln mit den mit Namen versehenen Punkten mancher Schulen der so genannten traditionellen chinesischen Medizin.

Den Stich durch die Haut spürt der Patient wie jeden anderen Stich auch. Hat die Nadelspitze ihren Zielpunkt erreicht, wird ein als De Chi bezeichnetes Druckgefühl verspürt. Ein anhaltendes Stichgefühl dagegen wäre untypisch.

Als Folge der Akupunktur kommt es oft zur Verminderung chronischer Schmerzen, zur Sedierung und zur Abschwächung chronischer Entzündungen. Das macht die Akupunktur wertvoll im Rahmen zeitgemäßer Therapie.

Neurophysiologisch wird die Wirkung der Akupunktur mit der Hemmung von Schmerz im Rückenmark und mit einer Ausschüttung von ß-Endorphinen und Cortisol erklärt. Anscheinend wird die Information über den mit der Nadelspitze im Muskel erzeugten Druck über Nervenbahnen in das Rückenmark und in das Gehirn gebracht. Im Rückenmark wird dadurch die Schmerzweiterleitung an das Gehirn aufgehalten. Im Gehirn wiederum wird eines der körpereigenen Schmerz-Hemmsysteme in Gang gesetzt.

Bemerkenswert ist, dass dieses Schmerz-Hemmsystem ohne Unterschied überall im Körper wirkt. Setzt man Nadeln, um chronischem Rückenschmerz entgegenzuwirken, wirkt diese Akupunktur nicht nur im Rücken. Gleichzeitig bestehender, chronischer Knieschmerz etwa würde mit bekämpft.

Dass manche Heiler ganz viele Nadeln an ganz bestimmte Körperpunkte setzen, hat also nichts mit der neurophysiologisch fassbaren Erklärung der Wirkungen von Akupunktur, sondern es hat nur etwas mit den ganz persönlichen Vorlieben dieser vermeintlichen Experten für Akupunktur oder mit den Lehrmeinungen bestimmter Heiler-Schulen zu tun.

Die wundersamen Geschichten dieser Heiler von Meridianumläufen, von Narkose durch Nadeln und von der angeblichen Bedeutung vieler hundert mit Namen versehener Hautpunkte erzählen wir Ihnen in unserer Praxis nicht. Wir beschränken uns ganz allein auf die wissenschaftlichen Aspekte der Akupunktur. Akupunktur ist einfach und sie ist einfach erklärt. Wer etwas anderes behauptet, weiß das vielleicht einfach nicht.

Die Geschichte und die Geschichten der Akupunktur sind gleichwohl sehr interessant.

Geschichte der Akupunktur als Teil der Geschichte der Chinesen und der Chinesischen Medizin

Alt überlieferte, chinesische Medizin besteht im Wesentlichen aus Aderlass, Pulsdiagnostik und Akupunktur. Die Technik der Akupunktur geht wohl auf Zun Yao zurück, einen Arzt, der irgendwann zwischen 580 bis 680 n. Chr. lebte und der seine 13-Punkte-Nadelung zunächst zur Behandlung dämonenbedingter Erkrankungen erfand.
Überraschend wenig hat auch die weitere Geschichte der so genannten traditionellen chinesischen Medizin mit ihrer rückblickenden Wahrnehmung aus heutiger Sicht gemein. Als traditionell wurde sie überhaupt erst von den Herrschern Chinas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Diese selbst hatten die chinesische Medizin zunächst als eher unwissenschaftlich und rückständig eingeschätzt, verkauften sie unter der Bezeichnung "traditionell" aber gerne an Menschen aus dem vermeintlich so fortschrittlichen und überlegenen Westen, die sich blindlings dafür begeisterten.

Geschichtlich belegt ist, dass es nicht nur eine, sondern viele Medizin-Traditionen in China gibt. Diese existierten über viele Jahrhunderte im Widerspruch zueinander stehend nebeneinander her. Eine dieser Traditionen wird auf Konfuzius, eine andere auf Lao-Tse zurückgeführt.

Konfuzius lebte zur Zeit der kämpfenden Reiche. Seiner Lebenswirklichkeit der völligen Unordnung und des Kampfes aller gegen alle setzte er ein Konzept der Gesetzmäßigkeit des Staates entgegen. Erst später weitete er dieses Konzept auch auf die Natur und den Aufbau aller Lebewesen aus. Seine medizinische Lehre leitet sich also nicht aus Naturbeobachtung, sondern aus auf die Natur übertragener Staatsrechtslehre her. Nach seiner Vorstellung funktionierten die Organe des Menschen wie die Beamten eines Staates. Das Herz war für ihn das wichtigste Organ. Erkrankungen des Herzens gab es für ihn nicht.

Auf Lao-Tse werden das polarisierende Denken und das Konzept von Yin und Yang zurückgeführt. Seine Anhänger traten dem Feudalismus und dem konfuzianischen Denken entgegen. Sie strebten eine einfachere und eine sozialere Gesellschaft an. Einfache Gedanken gehörten auch zu ihrem Medizinkonzept. Walnuss wurde als intelligenzfördernd erkannt, weil ihre Oberfläche derjenigen des menschlichen Gehirns ähnelt. Mit Hilfe abgeleiteter Bärengalle konnten die Eigenschaften des Bären auf den Menschen übertragen werden.

Die Konfuzianer pflegten die Akupunktur, die Taoisten den Umgang mit chinesischen Medikamenten. Erst der Neokonfuzianismus nahm Elemente des anderen Lagers auf.

Behandlung chronischer, lumboischialgieformer Schmerzen mittels Akupunktur

In unserer Praxis wird chronischer Kreuzschmerz ganz allgemein durch Akupunktur von Bereichen behandelt, die erfahrungsgemäß besonders gut für Sedierung und Schmerzhemmung brauchbar sind. Über zumeist neun Wochen hinweg wird an wechselnden Stellen akupunktiert. Auch an besonderen Punkten im Lendenwirbelsäulenbereich werden dabei Nadeln gesetzt. Nach traditioneller Lehre liegen diese auf dem Blasen-Median. Nach der Terminologie der Anatomie liegen sie im Bereich der autochthonen Rückenmuskulatur. Im Rahmen der Akupunktur zusätzlich angeboten wird von uns die Elektrostimulation. Über ein Kontrollgerät in den eigenen Händen entscheidet der Patient dabei selbst über die Stärke der Stimulation.

Akupunktur und die im Rahmen der Akupunktur eingesetzte Elektrostimulation ist aber nur Teil unseres Rücken-Schmerz-Konzepts. Entspannungsübungen, Massagen, Physiotherapie, Haltungsverbesserungen und Muskelstärkung gehören hier ebenso dazu wie die medikamentöse Schmerzverminderung und Schmerzveränderung. Manchmal wirkt sogar ein neuer Bürostuhl Wunder, manchmal ein neues Bett. Nicht zu vergessen ist auch, dass Rückenschmerz ein Zeichen sein kann für Krankheiten, deren Ausgang gar nicht im Rücken selbst liegt. Chronischer Rückenschmerz wird bei uns deshalb zunächst immer Anlass zu gründlicher Diagnostik sein.

Diagnostik im Rahmen der Akupunktur

Alte chinesische Diagnostik orientierte sich mit vier Methoden an acht Kriterien (Bagang). Krankheiten können nach diesen Kriterien von außen oder von innen kommen, durch Kälte oder durch Hitze, durch Mangel oder durch Überfluss verursacht sein. Sie können vom Ying- oder vom Yang-Typ sein und durch Betrachten des Patienten, durch Hören und Riechen, durch Befragen und Untersuchen des Patienten diagnostiziert werden. Unnötiges Berühren des Patientenkörpers hatte mit Respekt vor der konfuzianischen Morallehre zu unterbleiben. Am Zustand der herausgestreckten Patientenzunge oder am Gefühl beim Ertasten des Patientenpulses musste der Zustand innerer Organe deshalb ablesbar sein.

Wichtige tradierte Krankheiten wie die "Verfluchung durch einen Ahnen" oder den "Schlag durch einen Dämonen" konnten so festgestellt werden. Krankhafte Veränderungen der Monade Tai Chi oder Störungen der fünf Wandlungsphasen waren auf diese Weise feststellbar.

Der Diagnostik in unserer Praxis wird hingegen der gegenwärtige universitätsmedizinische Standard zugrunde gelegt. Am wichtigsten sind hierbei Anamnese und gezielte Befragung, die sogenannte klinische Untersuchung des Patienten. Hinzu kommen bildgebende und Labordiagnostik. Die Akupunkturbehandlung in unserer Praxis verzichtet also auf jegliche Mystik und auf manchen tradierten und danach als traditionell missverstandenen Aspekt.